Wie alles begonnen hat...
Im Rahmen der Tätigkeit des Vereins Pflaster e.V. wurden Projekte entwickelt, unterstützt und organisiert, die das Ziel haben, Menschen in sozialer Bedrängnis Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Über die langjährige Zusammenarbeit mit der Freiwilligenagentur wurde dabei gezielt der Kontakt zu Partnern aufgebaut, die Hilfe benötigen.
Das Projekt „Sprachpatenschaften“ entstand aus dem Kontakt zur Sekundarschule Kastanienallee im Jahr 2003, die sich in sehr angenehmer Form der "Hilfe von Außen" geöffnet hat. Gemeinsam mit den Schulsozialarbeiterinnen, Frau König und Frau Weil, wurde die Verbindung zu Kindern und Jugendlichen im Bereich der Sekundarstufe hergestellt, die von sich aus großes Interesse an der Entwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten in der deutschen Sprache hatten. So kam es zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Mädchen aus Vietnam, der Türkei, aus Dagestan und Irak/Syrien (Kurdinnen) im Alter von 12 – 17 Jahren.
Was war der Hintergrund?
Trotz der Möglichkeiten, die der Runderlass des MK Sachsen-Anhalt („zur Beschulung von Kindern...) aus dem Jahr 2001 bietet und trotz der Bemühungen an der „Kastanienschule“ selbst, zeigten sich große Probleme, allen Kindern und Jugendlichen aus Familien mit Migrationshintergrund besonders im Sekundarbereich I eine gleichberechtigte Chance zur erfolgreichen Integration zu ermöglichen.
Die sofortige Durchsetzung der „Schulpflicht“
ohne Schuleingangsprüfung und ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche „Beschulung“, wie
- teilweise keine oder geringe Vorkenntnisse/schulische Ausbildungin der Heimatsprache bzw. nur eine Grundausbildung z.B. in Arabisch
- ohne Kenntnisse der lateinischen Schriftzeichen usw. und
- oftmals gar keine Kenntnisse in der deutschen Sprache,
bringt für die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen neben den vielen
Belastungen zusätzliche emotionale und soziale Härten.
Diese können sehr unterschiedliche Auswirkungen haben, die den Integrationsprozess in verschiedenster Form erschweren oder sogar ganz verhindern. Vor allem Jugendliche in der Phase der notwendigen Berufsorientierung haben sehr geringe Chancen für die weitere Entwicklung. Es wäre zu wünschen, wenn hier vom Gesetzgeber erweiterte Fördermöglichkeiten geschaffen werden – einschl. der Möglichkeiten der Förderung von Kindern mit Lernhemmnissen generell.
Nicht zu übersehen ist auch bei allen Bemühungen, dass viele Pädagogen mit den Migrations- und Integrationsproblemen nur schlecht umgehen können und viele Kenntnisse auf diesem Gebiet fehlen. Die in dem bisherigen Projektverlauf gesammelten eigenen Erfahrungen decken sich mit den in entsprechenden Untersuchungen der KMK und der BLK herausgearbeiteten Schwerpunkten.
Die Erfahrungen aus der sehr interessanten Zusammenarbeit mit den Jugendlichen ließen sich aus unserer Sicht so zusammenfassen:
- Die Ergebnisse der Beschäftigung in dieser Gruppe sind vom Direktor der Schule, Herrn Zörner, und den Fachlehrern sehr positiv eingeschätzt worden, da vor allem im Sozialverhalten der Schülerinnen große Fortschritte erreicht wurden, sich die Mitarbeit im Unterricht sehr verbessert hat und ein ungezwungener Umgang mit der deutschen Sprache zu spüren ist. In der Zusammenarbeit mit den Schulsozialarbeiterinnen ist eine Beispiel gebende Atmosphäre geschaffen worden, die alle Beteiligten mit viel Spaß arbeiten lässt. Über das Training der deutschen Sprache und die gemeinsamen Aktivitäten wurden wichtige Impulse für interkulturelle Kompetenzen gegeben.
- Es erweist sich als besonders notwendig, diese SchülerInnen ganz speziell über die Möglichkeiten des deutschen Schul- und Berufssystems bis hin zur Berufsberatung zu informieren.
- Ganz deutlich hat sich gezeigt, dass Hilfen zur Bewältigung von Alltagssituationen gegeben und geübt werden müssen. Beispiel ist hier z.B. die Teilnahme an einem Wettbewerb der Post für Schulen mit einem eigenen Projekt.
- Anregungen waren nötig, um die engere neue Heimat, die Stadt und Möglichkeiten der Freizeitgestaltung besser kennen zu lernen. Beispiele sind hier das Gespräch bei der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt zur kommunalen Struktur, Ausbildungsmöglichkeiten und Anforderungen an BewerberInnen u.a., der Besuch des Hallorenmuseums und der Kontakt zum Projekt Kinderstadt.
- Alle diese außerschulischen Aktivitäten wurden vorbereitet und gezielt zur Auseinandersetzung mit der deutschen Sprache genutzt. Vorteilhaft ist die Zusammensetzung der Gruppe aus verschiedenen Nationalitäten, die über die deutsche „Sprachbrücke“ kommunizieren. Hier ist auch der Ansatz zur Einbeziehung deutscher Kinder und Jugendlicher.
Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung des Projektes„Sprachpatenschaften“ waren dann...
Der Projektansatz ging davon aus, dass an Kindereinrichtungen oder Schulen mit entsprechendem Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund die Möglichkeit für spezielle Angebote von „Sprachpatenschaften“ geschaffen werden. Diese sollen als ergänzende Angebote zu den Pflichtaufgaben der Vorschuleinrichtungen und Schulen entwickelt werden und diese durch eine enge Zusammenarbeit z.B. mit SchulsozialarbeiterInnen unterstützen. Das setzt natürlich eine positive Einstellung in den Einrichtungen zu einer "Öffnung" ihrer Tätigkeit voraus.
Über die Projektorganisation wird das vorhandene Integrationsnetzwerk der Stadt Halle unterstützt, um einerseits alle vorhandenen Erfahrungen nutzen zu können und andererseits möglichst viele Partner für eine Zusammenarbeit zu gewinnen.
Als weiterer Projektbestandteil werden systematisch Verbindungen zu den Familien/Eltern organisiert, um über die Kinder zusätzliche Möglichkeiten des Integrationsprozesses für die Eltern zu erschließen. Aufgegriffen werden unterschiedliche Möglichkeiten der Projektförderung, um eine komplexe und nachhaltige Wirkung erzielen zu können.
Diese „Sprachpatenschaften“ bieten so in unterschiedlicher Form
- auf Basis ehrenamtlicher und freiwilliger Tätigkeit oder
- bei Schaffung bestimmter Voraussetzungen über Projektmittel o.ä. auch vergütete Tätigkeit oder Aufwandentschädigungen
- im Bereich der Betreuung im Kindergarten oder
- auf freiwilliger Basis im außerschulischen Bereich
die Möglichkeit des
spielerischen und praxis- bzw. alltagsorientierten Umgangs mit der deutschen Sprache und des Erwerbs wertvoller interkultureller Kompetenzen..
Durch die bis dahin aufgebauten Kontakte gab es in verschiedenen Bereichen der Martin-Luther-Universität (MLU) Interesse an einer wissenschaftlichen Begleitung des Projektes bis hin zum Einsatz von Praktikanten. Eine besondere Möglichkeit gibt es mit dem
Institut für Schulpädagogik und Grundschuldidaktik der MLU
(Frau
Dr. Monika Scheer) für einen praktischen Einsatz während des Studiums. Darüber hinaus war das Bemühen von Studenten als Sprachpate mitzuarbeiten insgesamt sehr groß.
Nach der Vorstellung des Projektes im Ausländerbeirat, bei der Ausländerbeauftragten der Stadt Halle, Frau Schneutzer, und bei der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Halle, freuten wir uns über die positive Resonanz.
Das Material wird weiter aufbereitet und hier vorgestellt.