Fachgespräch beim Beruflichen QualifizierungsNetzwerk für Migrantinnen und Migranten (BQN) in Essen (lifepr)
Essen, 14.08.2007 - Zu einem ersten "Fachgespräch zur beruflichen Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in NRW" kamen Vertreter der Industrie- und Handelskammern NRW, der Handwerkskammern NRW, der regionalen Kreishandwerkerschaften sowie Vertreter der Integrationsbeiräte und lokalen Migrantenorganisationen zusammen. Sie erörterten dabei die Rolle und Aufgaben der Wirtschafts- und Migrantenorganisationen bei der Förderung der beruflichen Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund sowie Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit aller Partner. Organisiert wurde das Fachgespräch vom Beruflichen QualifizierungsNetzwerk für Migrantinnen und Migranten (BQN) in Essen. "Die Bildungs- und Ausbildungssituation der Jugendlichen aus Zuwanderfamilien muss verstärkt gefördert werden. Hierbei können die Migrantenorganisationen eine große Rolle spielen. Sie haben den direkten Kontakt zu den Familien", so Hans Michaelsen, Leiter des Geschäftsbereichs Aus- und Weiterbildung der IHK zu Essen. Trotz der schwierigen Situation auf dem Ausbildungsmarkt für Jugendliche mit Migrationshintergrund haben viele bereits einen Ausbildungsplatz gefunden. Ulrich Meier, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Essen betonte, dass besonders junge Menschen mit Migrationshintergrund ein großes Potenzial für die Wirtschaft böten. "Immer mehr Arbeitgeber haben die Stärken, die diese jungen Menschen einbringen, bereits erkannt." BQN ist ein Gemeinschaftsprojekt der Kreishandwerkerschaft Essen und der IHK zu Essen. In enger Zusammenarbeit mit den Wirtschaftsorganisationen, Einrichtungen der Stadtverwaltung, den Selbstorganisationen der Migranten und anderen relevanten AkteurenAkteuren soll jungen Leuten mit Migrationshintergrund der Zugang zur Ausbildung erleichtert werden.
(Life PR vom 14.8.2007)
http://tinyurl.com/yplge9
Integration - Jugendliche wollen bessere Bildung (09.05.07) - PressemitteilungIntegration findet vor Ort statt! Ohne deutsche Sprache geht es nicht!
Dies sind nur zwei der Forderungen, die Jugendliche aus ganz Deutschland beim Jugend-Integrationsgipfel im Kanzleramt stellten.
80 Jugendliche nahmen an der Konferenz am 7. und 8. Mai in Berlin teil:
Das sind Schülerinnen und Schüler aller Schulformen, Auszubildende, Studierende, die Jugendpresse sowie der Verein "Die deukische Generation e.V.".
Eingeladen hatte die Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration Maria Böhmer. Am ersten Tag erarbeiteten die Jugendlichen in einem Workshop Vorschläge für eine bessere Integration junger Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Sie beschäftigten sich dabei in drei Foren mit folgenden Themenschwerpunkten:
* Sprache und Bildung,
* Integration vor Ort und
* Kulturelle Vielfalt Wie soll unsere Gesellschaft im Jahre 2030 aussehen?
Havva Avci-Plüm: "... Es gab viele Ergebnisse und viele Ideen, aber ich glaube, dass Interessanteste ist die Forderung eines neuen Deutschseins, dass wir alle in Deutschland leben und in gewisser Weise deutsch sind. Ich komme aus dem Ruhrgebiet, da habe ich auch ein gewisses Heimatgefühl. Dieses Deutschsein soll nicht begrenzt werden auf den Pass, sondern es steckt mehr dahinter. Also war die Forderung: Ein Pass und viele Kulturen."
Sprache - Schlüssel zur Integration
In drei Arbeitsgruppen entwickelten die Jugendlichen ihre zentralen Thesen: "Ohne deutsche Sprache geht es nicht" und "Mehr Teilhabe schafft gesellschaftliche Verantwortung". Sie forderten von der Politik, die Bildungschancen junger Migrantinnen und Migranten zu verbessern. Dazu muss die Qualität der Ausbildung an den Schulen besser werden.
Gleichzeitig nahmen sie aber auch die Elterngeneration in die Pflicht:
"Eltern haften mit für ihre Kinder! Auch die Eltern müssen Deutsch lernen. Sie haben die Pflicht, die Ausbildung ihrer Kinder aktiv zu begleiten."
So lautete eine weitere zentrale Forderung der Jugendlichen.
Am zweiten Tag diskutierten die Konferenzteilnehmer die Ergebnisse ihres Workshops mit der Integrationsbeauftragten Böhmer im Kanzleramt. Auch hier bildeten die Themen Spracherwerb und Verbesserung der Bildungschancen die Schwerpunkte der Diskussion.
Enrico Pecorelli: "... Bei uns in der Arbeitsgruppe sind wir auf den gemeinsamen Nenner gekommen, dass jeder Jugendliche, der in Deutschland lebt, die deutsche Sprache in Schrift und Wort beherrscht. Unter anderem wollen wir zum Beispiel - das wurde ein bisschen kontrovers diskutiert - die Hauptschulen abschaffen. Weil sich da einfach zu viele ausländisch-stämmige Leute auf eine Schule (konzentrieren). Wir wollen das mehr auf verschiedene Schulen splitten, so dass man eine gute Mischung bekommt."
Vorschläge für die Politik
Höhepunkt der Konferenz war die Übergabe des Ideenpapiers an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Stellvertretend für die Jugendlichen erläuterte die 21-jährigen Jurastudentin Zeynep Balazümbüll vom Verein "Die deukische Generation e.V." der Kanzlerin die erarbeiteten Vorschläge. Die Kanzlerin zeigte sich sehr erfreut über das Engagement der Jugendlichen. Sie ermutigte die Schüler, Studierenden und Auszubildenden, sich auch weiterhin mit ihren Ideen und Vorschlägen einzubringen und damit ihre Zukunft in Deutschland aktiv mitzugestalten. Böhmer sagte zu, die Ideen der Jugendlichen in den Nationalen Integrationsplan einfließen zu lassen.
Kontext
Vorschläge der Jugendlichen im Wortlaut
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2007/05/2007-05-08-jugendintegrationsgipfel-vorschlaege-jugendliche.html Siehe auch beigefügter Text
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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Vorschläge der Jugendlichen für eine bessere Integration - Di, 08.05.2007Information - Kommunikation - Partizipation - Integration:
So lautet ein Leitsatz, den sich Jugendliche auf dem zweitägigen Jugend-Integrationsgipfel erarbeitet haben. In drei Arbeitsgruppen diskutierten sie über Sprache und Bildung, Integration vor Ort und Kulturelle Vielfalt. Als Ergebnis liegen nun folgende Ideenpapiere vor.
Sprache und Bildung (Arbeitsgruppe 1)
Grundsatz
• Sprache (in Wort und Schrift): Ohne deutsche Sprache geht es nicht! Sprachenvielfalt als Ressource
• Wir fordern mehr Zweisprachigkeit ab der Grundschule, zum Beispiel Europaschulen, muttersprachlicher Förderunterricht, Sprach-AGs. Schulsystem
• Gegen Gettoisierung in der Schule: Wir wollen sozial und ethnisch gemischte Schulen.
• Lösung: zum Beispiel Kooperation zwischen Schulen und Klassen.
• Um Chancengleichheit herzustellen, fordern wir, die Hauptschule abzuschaffen. Bis zur 10. Klasse gemeinsamer Unterricht, danach weiterführende Schule oder Ausbildung.
• Bildung soll kostenlos sein, auch Kindergärten und Kinderkrippen.
• Wir möchten eine Kitapflicht!
Ausbildung beginnt schon in der Schule
• Mehr Experten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in die Schulen.
• Mehr Lehrer mit interkultureller Kompetenz und Berufserfahrung.
• Mehr Berufsorientierung zum Beispiel durch Pflichtpraktika, Auslandsaustausch.
• Qualitätskontrolle an den Schulen: Evaluation des Unterrichts, Bewertung der Lehrer, permanente Fort- und Weiterbildung der Lehrer. Eltern
• Kommunikation zwischen Schule und Eltern verbessern.
• Aufklärung verbessern, zum Beispiel Elternlotsen oder Kulturdolmetscher. • Eltern haften mit für ihre Kinder! Auch die Eltern müssen Deutsch lernen. Sie haben die Pflicht, die Ausbildung ihrer Kinder aktiv zu begleiten, zum Beispiel durch Elterncafes, Austausch zwischen den Eltern.
Integration vor Ort (Arbeitsgruppe 2)
Thesen
• Integration findet vor Ort statt.
• Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess.
• Integration muss bei den Ressourcen bzw. Potenzialen aller Bürger ansetzen. Integration bedarf geeigneter Rahmenbedingungen. Diskussionsergebnisse Themenbereich Kommunikation / Kooperation
• Infopoints, Musik- und Sportveranstaltungen sollen das Zusammenkommen von Deutschen und Migranten fördern.
• Integration durch Sportvereine und Sportveranstaltungen: dabei wird die gesamte Familie angesprochen. Themenbereich Erziehung und Bildung
• Einrichtung einer bundesweiten Hotline oder Internetseite für ausländische Eltern, um zum Beispiel über die verschiedenen Schultypen zu informieren.
• Projektarbeit an Schulen, um die Arbeit der Hotline zu unterstützen. Themenbereich Rahmenbedingungen
• Einbürgerungsrecht muss transparenter gestaltet werden.
• Einbürgerungstests behindern oft die Integration.
• Doppelte Staatsbürgerschaft fördern.
Kulturelle Vielfalt (Arbeitsgruppe 3)
Gesellschaftliches Leben
Leitsatz: Information - Kommunikation - Partizipation – Integration
Wir wollen bis 2030 internationale und multikulturelle Kindergärten, um die Toleranz und Integration zu stärken.
Kultur
• Unser Ziel: Wir wünschen uns für 2030, dass es in Deutschland eine Schmelztiegel-Gesellschaft („Meltingpot“) gibt!
• Unser Weg dahin: Wir wollen, dass zum Beispiel mehr Musik aus anderen Ländern gespielt wird.
Identität
• Wir wollen eine Gesellschaft, in der jeder als Bürger dieses Landes wahrgenommen wird und in der jeder eine andere kulturelle Identität haben darf.
• Wir wollen eine Gesellschaft, in der jeder Platz und Raum für freie Entfaltung findet, die auf der Basis des Grundgesetzes aufbaut und die Vielfalt als Potenzial und nicht als Problem wahrnimmt.
Teilhabe
• Integration kann nur durch generationsübergreifende Teilhabe in folgenden Bereichen erfolgen:
• Arbeitsmarkt, Bildung, politische Teilhabe, soziale/religiöse Teilhabe.
• Nötig sind positive Signale an die Minderheitsgesellschaft durch: Vereinfachte Einbürgerung, attraktive Angebote zur Sprachförderung, Kommunalwahlrecht für alle Ausländer, Stärkung der ehrenamtlichen Arbeit für interkulturelle Projekte.
Mehr Teilhabe schafft mehr gesellschaftliche Verantwortung!
Jugendintegrationsgipfel im Kanzleramt (03.05.2007)Am 7. und 8. Mai 2007 findet auf Einladung der Bundesbeauftragten für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer, ein Jugendintegrationsgipfel in Berlin statt.
80 Jugendliche aus ganz Deutschland Schüler aller Schulformen, Auszubildende, Studierende, Vertreter der Jugendpresse und des Vereins "Die deukische Generation e.V." nehmen an der zweitägigen Konferenz teil. Am ersten Tag erarbeiten die Jugendlichen in einem Workshop Vorschläge für eine bessere Integration junger Migrantinnen und Migranten in Deutschland. Sie beschäftigen sich dabei in drei Foren mit folgenden Themenschwerpunkten:
Alternativen zum monolingualen Habitus deutscher Schulen "System und Variation", unter diesem Generalthema versammelten sich 450 Sprachwissenschaftler aus 20 Ländern vom 28. 2. - 2.3. 2007 an der Universität Siegen zur 29. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Sprachwissenschaft.
In allen gesellschaftlichen Zusammenhängen spielt sprachliche Kommunikation eine zentrale Rolle, Sprachkompetenz ist insbesondere an Bildungsprozessen maßgeblich beteiligt. Dabei sind Sprachen keine fixen, unveränderlichen Systeme - sie verändern sich ständig, nicht zuletzt durch Kontakt mit anderen Sprachen. So gerät etwa das Deutsche durch Migration in Kontakt mit einer Vielzahl von Einwanderer¬sprachen. Die daraus resultierende Sprachenvielfalt kann gesellschaftlich wie individuell als Herausforderung begriffen werden, wenn es darum geht, sich über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg zu verständigen und möglichst vielen Menschen eine Teilhabe am sozialen Leben zu ermöglichen; die Vielfalt kann aber auch mit einem Reichtum an Lebensformen und Ausdrucksmöglichkeiten korrespondieren, der eng mit der jeweiligen eigenen Identität verbunden ist und den es - gerade auch in der Schule - zu fördern gilt.
Um zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche - ob mit oder ohne Migrationshintergrund -an sprachlichen Barrieren scheitern, sollten gezielte Fördermaßnahmen das gesamte Altersspektrum vom Eintritt in die vorschulischen Einrichtungen bis hin zur Berufsschule abdecken. Um zugleich Mehrsprachigkeit zu erhalten bzw. zu fördern und so die Integration zu verbessern, gilt es, Maßnahmen wie die folgenden stärker als bisher umzusetzen:
- Grundlegende Stärkung der linguistischen Kompetenzen von Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern - dies umfasst mehr elementares Wissen über Mehrsprachigkeit, Zweitsprachenerwerb, unterschiedliche Diskurs und Texttraditionen, aber auch sichere Kenntnisse des Deutschen, seiner Orthographie, Grammatik und Stilistik;
-(Freizeit-)Projekte, in denen in Gruppen mit Kindern unterschiedlicher Herkunfts¬sprachen, inklusive Muttersprachlerinnen/Muttersprachlern des Deutschen, gearbeitet wird und in denen die Bereitschaft zum Deutschsprechen und Deutschschreiben auf natürliche Weise gefördert und professionell unterstützt wird;
- Echte bilinguale Schulprogramme - auch in den Migrationssprachen -, in denen der Unterricht von angemessen ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern gleichberechtigt in zwei Sprachen erfolgt.
Maßnahmen wie die genannten, die sich auf Engagement und Fantasie von Lehrenden und Lernenden stützen, führen allen beteiligten Schülerinnen und Schülern alltagspraktisch vor Augen, dass und wie unsere persönliche und kollektive Identität auf Sprache beruht und dass in der modernen Welt selbstbewusste mehrsprachige Menschen gefragt sind.
Der Sprachwissenschaft kann eine Schlüsselrolle zukommen, wenn es darum geht, jenseits politischer Ideologien und einfacher Rezepte auf empirischer Basis konkrete Modelle zu entwickeln und zu bewerten: für Alternativen zum monolingualen Habitus der deutschen Schulen und für eine mehrsprachige Erziehung.
(Pressemitteilung vom 1.3.2007)
http://idw-online.de/pages/de/news198415Hohe Gewaltneigung unter jungen Migranten:
Experten kritisieren Defizite in der Schule Berlin
(ddp-bln) -
Link zum ArtikelDie hohe Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen aus Berliner Migrantenfamilien hat eine Debatte über Ursachen und Lösungswege des Problems entfacht. Laut einer Studie der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege steht das Abgleiten in die Kriminalität im engen Zusammenhang mit schulischen Misserfolgen. Auch der Kriminologe Christian Pfeiffer fordert eine radikale Reform des Schulsystems.
Dagegen sieht Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) viele Gründe für die hohe Gewaltbereitschaft. Körting zufolge hat die Jugendgruppengewalt in Berlin im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2005 um sieben Prozent zugenommen. Nach vorläufigen Zahlen wurden insgesamt 4751 Tatverdächtige ermittelt. Mehr als 40 Prozent der Taten gingen auf das Konto von jungen Ausländern oder Jugendlichen nichtdeutscher Herkunft.
Sozialarbeiter bereits an Grundschulen
Aus der Studie «geht eindeutig hervor, dass der Schwenk in Richtung Kriminalität mit dem Schulversagen einhergeht», sagte der Kriminologe Claudius Ohder. Es seien zwar Maßnahmen ergriffen worden, «aber letztlich hat keiner die zentrale Verantwortung übernommen». Ohder empfahl, bereits an Grundschulen Sozialarbeiter einzusetzen. 500 Intensivtäter sind bei der Staatsanwaltschaft registriert.
Die Untersuchung beruht auf der Auswertung von Schülerakten junger inhaftierter Intensivtäter, mit denen zudem Interviews geführt werden. Aus Sicht des Leiters des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Christian Pfeiffer, müssen das dreigliedrige Schulsystem aufgehoben und mehr Ganztagsschulen geschaffen werden. Die massiven Probleme in Berlin überraschen ihn nicht. «Dort geschieht zu wenig, dafür gibt es jetzt die Quittung.»
Körting warnt dagegen vor «monokausalen Erklärungen». Ursachen könnten soziale Probleme in den Familien, Schwierigkeiten bei deren Integration, aber auch eine Gewaltgewöhnung durch Medien und Killerspiele sein.
Handlungsbedarf bei der Politik sieht der Senator indes nicht. Der Senat habe erst jüngst ein Netzwerk Kinderschutz beschlossen, um der Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern vorzubeugen. Zugleich gebe es eine aktive Landeskommission gegen Gewalt und eine Vielzahl von Projekten.
Dagegen betonte der Vorsitzende der Landeskommission gegen Gewalt, Staatssekretär Thomas Härtel, die jüngste Studie zeige, dass es weiterhin «enormen Handlungsbedarf» bei der Prävention von kriminellen Karrieren vor allem männlicher Jugendlicher mit Migrationshintergrund gebe. Die Kommission begrüße es deshalb, dass sich die Staatsanwaltschaft nicht nur mit den Intensivtätern, sondern künftig auch verstärkt mit den so genannten Schwellentätern befassen wird. Das Gremium hatte gemeinsam mit der Fachhochschule die Akten ausgewertet.
24.02.2007 Sab
21.1.2006
Newsletter Pro Integration
Sprache als goldener Schlüssel zur Integration
Jena. (tlz) Gute Sprachkenntnisse und eine strukturierte Freizeitgestaltung sind die Türöffner zur Integration jugendlicher Spätaussiedler. Zu diesem Ergebnis kommen Psychologen der
Friedrich-Schiller-Universität Jena in einer groß angelegten Längsschnittstudie: Gemeinsam mit Kollegen der Universität Haifa haben sie in Deutschland und Israel mehr als 4000 Zehn- bis 19-Jährige, die aus der ehemaligen Sowjetunion stammen, über fünf Jahre hinweg begleitet. Die Resultate werden diese Woche in einer internationalen Wissenschaftlerkonferenz in Jena vorgestellt. Einen weiter führenden Projektverbund fördert nun das Bundesforschungsministerium mit mehr
als drei Millionen Euro.
Immerhin bei zehn Prozent der jugendlichen Migranten aus der Ex-UdSSR misslingt laut Jenaer Studie die soziale und kulturelle Eingliederung in Deutschland. "Sie fühlen sich diskriminiert und gesellschaftlich ausgegrenzt, sie haben massive Probleme in der Schule und beim Start ins Berufsleben", erklärt Entwicklungspsychologe Professor Rainer K. Silbereisen, "und sie neigen zu delinquenten Verhaltensformen." Unter Delinquenz verstehen die Fachleute negative Abweichungen von geltenden Normen; das sind harmlosere Übeltaten wie Lügen, Schulschwänzen oder
Schwarzfahren bis hin zu Drogenkonsum, Gewaltbereitschaft und Kriminalität.
Verblüffen muss der Jenaer Befund, dass solche Verhaltensweisen statistisch mit der Aufenthaltsdauer in der neuen Heimat sogar zunehmen. Die Wissenschaftler erkennen dies als eine Folge aufgestauter Frustrationen und wachsender Probleme in der Persönlichkeitsentfaltung. Einen Automatismus gebe es dabei zwar nicht, so Silbereisen, wohl aber klar zu benennende Risikofaktoren.
Drei Viertel der jungen Diaspora-Migranten in Deutschland und sogar über 80 Prozent in Israel haben die Tendenz, in der Freizeit unter sich zu bleiben.
Je rascher integriert, desto besser
Viele von ihnen fühlen sich nach wie vor als Russen und nicht als Deutsche. "In dieser Gruppe finden wir die höchsten Werte an Delinquenz", erläutert Silbereisen. Wer sich selbst sowohl als Deutschen als auch als Russen bezeichnet, ist auch noch nicht richtig angekommen. Wer sich in der Selbsteinschätzung als Deutscher versteht, steht hingegen am wenigsten in Gefahr, delinquent oder depressiv zu werden.
Als goldener Schlüssel zur Eingliederung gilt die Kommunikationsfähigkeit mit Einheimischen. "Gute Deutschkenntnisse sind mehr als ein Türöffner", so Silbereisen. "Sie sind das grundlegende Sozialkapital." Denn nur wer auch in der Familie Deutsch spricht, wird einen gemischten Freundeskreis aus Aussiedlern und Einheimischen aufbauen, ist in der Schule nicht gehandicapt und bildet eine positive Bindung zur neuen Heimat aus. Am besten funktioniert das, je rascher es geschieht. Deshalb seien Deutschkurse schon in den Herkunftsländern der Spätaussiedler so wichtig, sagt Silbereisen.
Der zweite entscheidende Faktor zur Integration liegt in der Freizeitgestaltung. Denn: Die psychische Anpassung gelinge laut Silbereisen jenen Jugendlichen am leichtesten, die einen Einheimischen als besten Freund haben und außerdem ein breites Netzwerk aus deutschen und Migranten-Freunden aufgebaut haben. Um sich soziokulturell anzupassen, genüge indes ein gemischter Freundeskreis.
Die Jenaer Psychologen halten dazu eine so genannte strukturierte Freizeit für erforderlich: eine, die klare Angebote und Erwartungen enthält, die zu eigenständigem Handeln anregt und so die soziale und die Persönlichkeitsentwicklung fördert. Das sei etwa in einem Jugendzentrum nicht unbedingt gegeben, warnt Professor Silbereisen. Auch den vielfältigen Integrationsprogrammen stehe er so lange skeptisch gegenüber, bis sie auf ihre Wirksamkeit hin überprüft worden seien.
Andererseits zeige die Jenaer Studie deutlichen Handlungsbedarf. Rainer Silbereisen: "Aussiedler-Jugendliche haben mehr unstrukturierte Freizeit und werden deshalb häufiger delinquent als hiesige Altersgenossen." In dem neuen internationalen Projekt wollen Silbereisen und seine Kollegen die Schwierigkeiten und Chancen der Integration gezielt an den biographischen Übergängen untersuchen: so beim Eintritt in den Kindergarten, in die Schule und in die Lehre bzw. erste Liebe und Heirat.
Interessant für die Wissenschaftler sind auch jene 20 Prozent junger Migranten, die trotz erlebter Diskriminierung und mangelnder Schulerfolge nicht ins soziale Abseits geraten - Forscher nennen dies Resilienz. Es handelt sich oft um Jugendliche, die gut Deutsch sprechen, in gut situierten Elternhäusern leben und erst vor kurzem in der neuen Heimat angekommen sind.
www2.uni-jena.de/svw/devpsy/cads/start.html
Von Wolfgang Hirsch
(TLZ vom 20.11.2006)
http://makeashorterlink.com/?W6FD52B3E